Samstag, 10. September 2011

Theater!


Heute gehts ins Bunraku-Theater. Das ist natürlich Lizs Idee gewesen, einer ihrer Freunde hier spielt in einer Shamisen-Truppe. Die Shamisen ist ein traditionelles japanisches Saiteninstrument, am ehesten vielleicht mit einem Banjo vergleichbar. Klingt toll, finde ich, und man kann damit wirklich außergewöhnliche Sachen machen:



Das sind die Yoshida-Brüder, die machen eine Menge sehr moderner Shamisen-Stücke. Einer der Klassiker, der wirklich wunderbar ist, ist die Version von "Smoke on the Water", mit komplett japanischem Text und von einem japanischen traditionellen Theater gespielt:



Achtet mal auf die Mienen der Musiker, wenn das Publikum zu lachen anfängt, weil sie erkennen, was da gespielt wird! Der Text ist übrigens nicht übersetzt, sondern wirklich komplett neu geschrieben: Oedo no Hikeshi, das ist "Das Großfeuer in Edo" (der alte Name für Tokio).

Oh Mann, wenn ich diese Sachen sehe, dann krieg ich feuchte Augen. Irgendwie macht auf einmal alles Sinn, wenn diese traditionellen japanischen Sachen sich vor mir abspielen. Dann will ich auch so coole Klamotten tragen und exotische Instrumente spielen, oder wenigsten ein wenig Kenjutsu lernen und irgendwie ein Teil dieser Kultur werden.

Naja, ein wenig aus der Zeit gefallen komme ich mir ja immer wieder mal vor.

Fotografie!


Vielleicht ist mir das Fotografieren deshalb so sehr ans Herz gewachsen in den vergangenen Monaten. Was ist denn Fotografie anderes als der Versuch, Schönheit einzufangen?

Und wo wir gerade beim Thema sind: In der Nacht des Samstags, an dem ich mir das neue Objektiv gekauft habe, habe ich ja gleich Bilder gemacht. Dabei ist das hier herausgekommen:


Das ist Liz. Wir verbringen hier quasi jede freie Minute zusammen, was nach mehr klingt, als es ist, weil wir beide so unglaublich beschäftigt sind. Aber dadurch, dass sie schon so lange hier ist, und deutlich abenteuerlustiger ist als ich (eine richtige kleine Entdeckerin ist sie!) hat sie immer tolle Ideen und Einfälle, was man wo machen könnte.

Naja, und ich bin dann der, der ihr beim Router-Einrichten hilft, sie tröstet, wenn Kakerlaken aus ihrem Küchenabfluss gekrabbelt kommen und ab und an ein Bild von ihr schießt, dass so toll ist, dass sie es sogar als Facebook-Profilbild nutzt.

Kann man stolzer sein als wenn das, was man hervorbringt, anderen gefällt?

Kunst!


Und mal wieder wird mir, während ich das hier schreibe, schmerzlich bewusst, wie sehr ich mich doch nach mehr Kunst sehne. Gerade diese klassische japanische Ästhetik hat es mir enorm angetan, mehr, als ich zu Beginn meines Studiums je hätte vermuten können.

Immer, wenn ich Frauen (oder Männer) in Yukata oder Kimono sehe, sagt etwas in mir: Ja, DAS ist schön! Und irgendwie wirkt es zeitlos, elegant, und doch niemals aufdringlich. Es ist eine zurückhaltende Eleganz, die hier einfach alles hat, was nicht dem marktschreierischen Diktat der Neonlampen unterworfen wird.

Vielleicht ist das der starke Einfluss der Krieger-Kultur, auf der ja letztlich die gesamte Edo-Zeit von 1603 bis 1868 basierte. In jedem Fall kann ich mich so gut damit identifizieren, dass ich immer das Gefühl habe, nie genug zu sehen, zu lernen, zu machen, um mich dem noch weiter anzunähern.

Und dann wird mir wieder bewusst, wie begrenzt meine Zeit hier immer ist, wie wenig meine Ressource ausreichen, um mich dieser Ästhetik so sehr zu widmen, wie ich es mir wünsche. Und wie unerreichbar das alles ist...

Musik, Malerei, Kleidung, all das und noch so viel mehr spricht mich hier an, so sehr, es ist so viel, dass ich nicht einmal entscheiden kann, wo ich denn beginnen und wo aufhören soll.

Aber jetzt höre ich mal auf, mich zu beschweren, und widme mich wieder den konstruktiven Teilen des Lebens. Immerhin bin ich jetzt schon halb auf dem Weg zu einer Bunraku-Aufführung, das habe ich so noch nie live gesehen, und auch wenn ich von der Performance keine Bilder machen darf, so ist doch das Theater an sich schon so schön, dass mich das sicher entschädigen wird.

Ich melde mich wieder!

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