Freitag, 21. März 2014

Der 11. März, etwas verspätet

Gestern war Freitag und Feiertag in Japan, Frühlingsanfang. Ja, das ist ein offizieller Feiertag hier in Japan und kommt immer zusammen mit der Kirschblüte, mehr oder weniger. Das heisst eine Menge Leute waren auf den Strassen und haben Blumen zu den Tempelfiedhöfen und Schreinen gebracht oder einfach das schöne Frühlingswetter genossen. Es war böig und teilweise fast stürmisch, aber meistenteils sonnig und in der Sonne schön warm.

Ich hatte beschlossen, nach Ueno zu fahren und von dort aus nach Asakusa zu laufen. In dieser Gegend gibt es nicht nur zahlreiche Geschäfte, die buddhistische Hausaltare und entsprechendes Zubehör verkaufen, sondern auch eine Menge Tempel, Schreine und Friedhöfe. Es ist eine der ältesten und schönsten Teile Tokios und ich bin immer gerne dort. Gegenüber des Ueno-Parks ist ein grosser, flacher Teich, der Shinobazu-Teich. Auf einer Insel mittendrin ist ein Schrein, der Benzaiten gewidmet ist und nebendran ein Schrein für die sieben Glücksgötter. Das ist einer meiner Lieblingsschreine, und Benzaiten hat, obwohl sie Teil der shintoistischen "sieben Glücksgötter" ist, eigentlich buddhistische Wurzeln (sieht man auch an den Darstellungen, die sie immer ein wenig wie eine Kannon aussehen lassen). Benzaiten steht für Musik, Künste, Weisheit und hat einen engen Bezug zu Wasser (deshalb ist der Schrein auch auf der Insel im Wasser des Teiches). Zugegeben, hab ich aus Wikipedia, so ganz genau kann ich mir das alles nie merken, aber dafür gibts ja das Internet.

In jedem Fall gibts an dem Schrein, neben dem klassischen Reinigungs-Wasserbecken, auch ein grosses Räuchergefäss, in das bündelweise Räucherstäbchen gesteckt werden. Bevor man die Stufen zum Schrein hinaufsteigt wedelt man sich den Rauch um den Kopf und auf die Brust, auch das um sich zu reinigen. Ich wollte schon seit Jahren dort ein Bündel Räucherstäbchen kaufen, einfach weil sie halt von dem Schrein sind. Eigentlich sind die dafür da, um direkt vor Ort verbrannt zu werden, aber ich hab sie einfach mitgenommen (natürlich nicht, ohne die 100 Yen zu bezahlen die sie kosten). 

Wie auch immer. Ich war in Ueno, um ein paar Dinge zu kaufen die ich brauchte. Sake. Ein paar Räucherstäbchen. Ein Gefäss um sie drin abzubrennen und eine Art Tischtuch um meinen Tisch hier ein wenig herzurichten. Ausserdem einen Sakebecher. Die Idee war, abends ein Räucherstäbchen anzuzünden, einen Becher Sake zu trinken und der Opfer des 11. März zu gedenken. Ich weiss, es macht keinen Unterschied, aber der Tsunami hat irgendwie alles verändert. Selten hat mich eine Katastophe am anderen Ende der Welt so berührt. Ich kann mir selbst heute die Bilder von dem schwarzen Wasser, das einfach alles wegspült, ansehen, ohne dass es mir alles zuschnürt. Irgendwie wollte ich etwas machen, um das zu bearbeiten... Aber dazu schreibe ich separat nochmal was.

Auf dem Weg zum Schrein gibt es natürlich die unvermeidbaren Essens-stände... und dort habe ich etwas entdeckt, das ich zum ersten Mal in Nikko gegessen habe, als ich das allererste Mal in Japan war. Gesalzene Fische, die auf einem Spiess über Holzkohle gegrillt werden. Ich hatte das fast vergessen, wie lecker das war damals und musste sofort ein Foto machen. Ich weiss, für den europäischen Betrachter ist es vielleicht kein besonders verlockender Anblick, vor allem wegen der Vorstellung, dass da die Gräten doch bestimmt noch drinnen sind. Sind sie auch, aber sie sind so fein dass man sie kaum bemerkt. Wobei, das Rückgrat ist schon dicker, ich habe mal einen früheren Chef in der Nikkei im Restaurant auch das essen sehen, aber ich selbst würde es vermutlich übriglassen. In jedem Fall ist Ueno immer einen Besuch wert und ich freue mich jetzt schon darauf, Tessi all das in echt zeigen zu können...

Sonntag, 16. März 2014

Frühlin in Tokio!

Hallo ihr Lieben!

Heute war ein wunderbarer sonniger und warmer Frühlingstag in Tokio. Da hat es mich nicht länger drinnen gehalten und ich bin in den Yoyogi-Park gefahren. Der ist nicht weit von hier, direkt neben dem Meiji-Schrein (ihr erinnert euch an die Bilder von dem verschneiten Park und Schrein? Genau der...) in Harajuku (neben Shibuya, wem das was sagt).

Der Yoyogi-Park ist immer total belebt und voll, natürlich umso mehr bei tollem Wetter. Am Eingang finden sich die Rockabillies, die zu wilder Rockmusik (fragt mich nicht von wann) mit Elvis-Tolle und Lederjacke echt krasse Tanzmoves drauf haben. Die sind echt Klasse und ziehen natürlich eine Menge Aufmerksamkeit auf sich, aber darum geht es ja bei der Nummer zu einem wesentlichen Teil.  Die Jungs habens echt drauf und sind regelmässig dort, zumindest an den Wochenenden. Es ist immer wieder faszinierend denen zuzuschauen. Alles stimmt: Haare, Kleidung, Musik, Tanzstil... wer weiss wo die das üben oder wie die sich koordinieren dass das alles so gut zusammenpasst. 

Im Park selbst waren die meisten Bäume noch recht kahl, der Frühling ist eben gerade am kommen... aber zu meiner Überraschung sah ich einige Bäume in rosa und grün blühen! Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, das waren tatsächlich frühe Kirschbäume die schon in Blüte stehen... und natürlich gleich Dutzende Menschen drunter, auf den berühmten blauen Plastikplanen und mit Essen und Getränken fröhlich am sich verlustieren. Klar, es wurden Bilder gemacht ohne Ende von den Blüten, von den Menschen vor den Blüten und generell von allem was rosa schimmerte... Es ist wirklich faszinierend, welche Wirkung diese Blüten haben. Sie sind einfach wunderschön und das doch recht eintönige farbliche Bild der Landschaft wird auf so wunderbare Weise aufgehellt und lebendig gemacht dass es einen fast blendet. Das Leben kehrt mit Macht zurück, auch wenn die Winter hier nicht sonderlich kalt sind. Man spürt dass es besser wird, dass jetzt der schöne Teil des Jahres ist und das lässt einen nicht mehr los. 

Ich war zwar alleine unterwegs, habe aber jemanden gefragt, ob er nicht ein Bild von mir machen könne... damit ich auch mal irgendwo drauf bin und ich mal ein schönes, aktualisiertes Bild habe. Ja, ich weiss, ich muss mal zum Frisör... mache ich ja bald. Bisher war einfach keine Gelegenheit, weil zuviel los war... wie immer halt. Wenn ich in Japan bin, dann passiert einfach immer so viel, dass ich kaum merke, wie schnell die Zeit vergeht

Auf meinem Spaziergang bin ich einem älteren Japaner mit einem 300mm-Objektiv begegnet. Den habe ich gebeten, nochmal ein Bild von mir zu machen (weniger schöner Hintergrund und eins von mir reicht ja pro Eintrag...) und wir sind ins Gespräch gekommen. Er hat mir ein paar seiner Bilder auf der Kamera gezeigt und war mächtig stolz drauf... und ich muss sagen: Zu Recht! Er hatte einen Falken fotografiert, direkt an der Stelle an der wir gerade standen... natürlich aus einer Riesendistanz, das 300mm-Objektiv machte es möglich. Er hatte echt ein Bild wie der Falke mit den Krallen nach etwas im Wasser schlägt, jeder aufspritzende Wassertropfen gestochen scharf... Unglaublich!
Er tat mir noch einen praktischen Gefallen und zückte eine kleine Plastikdose aus der heraus er etwas zwischen die Finger nahm und in die Luft hielt. Auf einmal kam ein kleines Vögelchen geflogen, setzte sich auf seine Finger und pickte an dem Korn herum! Ich habe gleich abgedrückt... das Resultat seht ihr links.

Und ich habe noch mehr gesehen... vier Jungs, in selbstgebastelten Samurai-Rüstungen und mit
selbstgebastelten Speeren und Schwertern aus Schaumstoff lieferten sich ein Gefecht. Ich durfte sie fotografieren und sie haben stolz für mich posiert. Wirklich cool, das hat mich an meine Kenjutsu-Zeiten erinnert. Ein paar ebenso begeisterte Kinder durften mit den Schaumstoffschwerten spielen und als ich erwähnt hatte, dass ich mal Kenjutsu gemacht hatte, hielt mir einer der Jungs sein Schwert hin... und ehe ich michs versah musste ich mich zwei engagierten und ebenfalls bewaffneter kleiner Jungen erwehren... Ich brauche wohl nicht zu erwähnen dass ich den beiden einen harten Kampf geliefert habe... auch wenn ich mehr Treffer abbekommen habe als mir lieb war. Bin wohl doch etwas eingerostet... 


In jedem Fall war es beeindruckend zuzusehen, wie die sich bewegt haben... und einen Heidenspass hat das alles anscheinend auch noch gemacht. Irgendwie würde ich sowas auch gern mal machen, mir eine Spass-Schlägerei in japanischer Samurai-Tracht liefern... die Waffen dürfen ruhig etwas härter sein, so ein Kendo-Shinai zmu Beispiel kann man echt gut benutzen ohne dass gleich allzuviel passiert. Haben wir im Kenjutsu ja auch oft so gemacht und das war echt ziemlich cool. Vielleicht mach ich ja ne entsprechende Kostümgruppe auf wenn ich wieder in der Schweiz bin, mal sehen... als hätte ich sonst nichts zu tun. Aber wäre doch ne nette Ergänzung für die bereits sehr beliebten Mittelalter-Märkte, eine Abteilung Asien...

Ihr seht also, es war ein ereignisreicher und schöner Tag, der mit einem selbstgekochten Abendessen (Nabe, ein Eintopfgericht mit fertigem Suppenfonds in dem dann Weisskohl, Glasnudeln, hauchdünne Schweinefleischscheiben, Pilze, Spinat und Bohnensprossen gegart werden) endete. Ich habe mit K., die auch hier im Haus wohnt, zusammen gegessen, sonst wäre es zuviel geworden und es ist ja auch mal nett, mit den MitbewohnerInnen was zusammen zu tun. 

So, und jetzt gehts ins Bett, ab morgen gehts wieder arbeiten und boxen...

Samstag, 8. März 2014

Krankheit und Gesundung

Hallo ihr Lieben!

Die letzten beiden Wochen waren ziemlich anstrengend. Täglich bin ich in der Bibliothek des Parlaments gewesen, das ist wie die deutsche Nationalbibliothek die grösste Präsenzbibliothek Japans. Da recherchiere ich vor allem Zeitschriftenartikel, die sind dort alle abgelegt. Das kostet Zeit und produziert eine Menge Papier, ist aber lohnenswert weil ich so an Materialien herankomme, die sonst nur schwer zugänglich sind.

Allerdings habe ich mir wohl den Magen verdorben in einem Fliessband-Sushi-Restaurant das ich sonst nicht frequentiere... und hatte vier Tage lang konsequent Durchfall. Ich bin dann zum Arzt gegangen, der mir eine Mischung aus chinesischen und westlichen Medikamenten verschrieb und danach gings dann wieder. War wirklich nicht nett, ist mir hier auch noch nie passiert, aber ich bin froh dass ich es jetzt überstanden habe.

Leider gibt es nicht viele neue Bilder, wenn man einmal im Trott ist, dann gibts nicht soviel neues zu fotografieren.

Allerdings geht mein Training im Yonekura-Boxclub auch gut voran. Sparring gehört anscheinend nicht zum festen Trainingsprogramm, wir machen viel Sandsacktraining und einiges an Ausdauertraining. Drei Minuten einen Sandsack zu schlagen ist extrem anstrengend und es ist unglaublich, wie schnell die alle sind und wie locker die das machen. Einer nach dem anderen wird zum Pratzentraining rausgenommen. Dabei hält einer vom Team Handpolster in verschiedene Positionen und man muss halt schnell in bestimmten Kombinationen draufschlagen. Ausweichen und Meiden wird auch geübt. Mit etwas Glück werde ich ja schneller und agiler hier und verbessere meine Technik etwas, bevor ich wieder nach Zürich gehe. Wenn ich es einrichten kann gehe ich dreimal die Woche und ich muss sagen, als Fitness-Programm ist es unschlagbar. Die 120 Euro, die es mich im Monat kostet, ist es definitiv wert, vor allem weil ich ausser einem Paar Schuhe keine gosse Ausrüstung brauche die ich nicht sowieso schon habe.

Ich werde schauen dass ich mal eine Runde Bilder im Gym mache mit den anderen, wenn ich ein bisschen öfter da war und das Vertrauensverhältnis das eher zulässt. Das Gym hat einige Weltmeister hervorgebracht und auch sonst einige erfolgreiche Profis ausgebildet, auch wenn mittlerweile alles eher danach aussieht, dass es seine besten Tage hinter sich hat. Es ist ein bisschen wie in den frühen Rocky-Filmen: Alles ein bisschen heruntergekommen, aber die Leute trainieren hart und diszipliniert. Das Gym hat einen kompletten Boxring und einen zweiten Raum in dem Sandsäcke, die Uhr und eingies andere an Equipment ist. In diesem zweiten Raum ist auch eine grosse Vitrine mit den Pokalen die die Sportler des Gyms geholt haben. Es sieht wirklich alles so aus als wäre es in den 70ern neu gewesen. Irgendwie charmant...

Letzte Woche kam mein neues elektronisches Wörterbuch. Die Dinger sind supergeil, ich stehe total auf die und bin sehr froh dass ich ein neues Modell ergattern konnte. Damit lassen sich Worte einfach schnell nachschlagen, vor allem wenn man Kanji-Zeichen einfach abmalen kann und sie nicht wirklich in einem Wörterbuch nachschlagen muss. Naja, die kleinen Freuden des Wissenschaftlers...