Mittwoch, 9. April 2014

Kirschblüte in Tokio

Der Frühling ist gekommen, mit Macht! Mit etwas Glück bleibts auch schön für eine ganze Weile. Es ist so nett draussen, dass man mittlerweile mit T-Shirt nicht mehr friert, zumindest wenn die Sonne scheint. Es gibt auch neue Bilder, die ich letzte Woche gemacht habe... von den Kirschblüten in Tokio!

Es ist Anfang April und die Kirschblüte ist in Tokio schon wieder fast komplett vorbei. Das geht wirklich schnell, eine Woche und es ist vorbei. Aber in den wenigen Tagen, die es dauert, ist es einfach wunderschön. Dutzende, hunderte von Webseiten liefern Informationen zu den schönsten Orten für "Hanami", was Kirschblütenschau heisst. Da sitzt man dann unter den Bäumen, traditionell auf blauen Plastikplanen, hat was zu essen und zu trinken und jede Menge Freunde, Arbeitskollegen, Kommilitonen oder wen auch immer dabei und dann wirds lustig.

Leider war das bisher für mich ein Vergnügen, dass ich eher beobachtet als selbst erlebt habe. Das ändert sich kommende Woche, weil wir dann nach Nagano fahren und selbst ein bisschen was zu schauen kriegen. Kanns kaum abwarten, ich komme ja kaum dazu, mal was klassisch touristisches zu machen wenn ich hier bin, weil ja immer was anderes ist... 

In jedem Fall habe ich mir vor einer Woche oder so die Freiheit herausgenommen, in der Mittagszeit mal schnell aus dem Institut herauszuflitzen und mit Niki unterm Arm an der Sophia-Universität ein paar Kirschblütenbilder zu schiessen. Zwischen dem Campus und den Sportplätzen gibt es einen aufgeschütteten Wall auf dem in einer langen Reihe Kirschbäume stehen. Die waren voll aufgeblüht und es war wirklich ein toller Anblick!

Der Ausblick mit dem Sophia-Campus im Rücken (nicht im Bild, logischwerweise). Der Turm ist in Shinjuku, dem südwestlichen Teil Tokios, berühmt unter anderem für die vielen Hochhäuser, den Shinjuku-Park und das legendär-berüchtigte Amüsierviertel Kabukichô, in dem sich normales Nachtleben, Restaurants mit nachtschwärmerfreundlichen Öffnungszeiten (bis morgens um fünf wenn die ersten Züge wieder fahren), Hostessenbars und deutlich halbseideneren Etablissements. Von hier aus jedenfalls sieht man diese Details nicht... und irgendwie sieht doch Tokio auf diesen Bildern überhaupt nicht nach der Megalopolis aus die es eigentlich ist...
In jedem Fall freue ich mich sehr auf die Reisen kommende Woche und noch viel mehr auf Tessi, die jetzt am Samstag hier ankommt und zum ersten Mal alles das hier erlebt was entweder liebenswert, schräg oder auch ziemlich anstrengend sein kann. Stellt euch drauf ein, ich werde hoffentlich eine Menge schöner Bilder aus Kyoto und Nagano mitbringen... ich freue mich drauf, das mit euch zu teilen!


Samstag, 5. April 2014

Boxen Live in Korakuen

Es ist mal wieder Sonntag und ich habe etwas Zeit zum Bloggen. Die letzte Woche war sehr anstrengend und die kommende wird nicht viel anders werden. Tessi ist in sechs Tagen hier und ich muss vorher noch einiges erledigen...Insofern ist es nicht so einach, Zeit zu finden, hier entspannt und interessant zu schreiben.

Aber es gibt etwas zu erzählen: Ich war bei einem Boxkampf in Korakuen. Einer der Profis aus dem Gym in dem ich trainiere seit ich hier bin hatte einen Kampf über vier Runden und ich wollte mir das nicht entgehen lassen! Immerhin gehöre ich ja, wenn auch nur kurze Zeit, zum selben Gym und da muss man doch die eigenen Leute moralisch unterstützen.

An dem Tag fanden insgesamt 12 Kämpfe statt, maximal über vier Runden. Die Gewichtsklassen reichten von Fliegengewicht (bis 50,8 Kilo) bis zum Fliegengewicht (bis zu 57 Kilo). Unser Mann, Nakagawa-san, war in der höchsten Gewichtsklasse angetreten die an dem Tag gekämpft hat. Zum Vergleich: Ich wäre im Weltergewicht Zuhause, vier (!) Gewichtsklassen höher als er... trotzdem sollte man sich keinen Illusionen hingeben: Nakagawa würde problemlos den Boden mit mir wischen, sollten wir uns jemals in einem Boxring begegnen. Naja, klar, der ist ja auch Profi und ich turne nur so ein bisschen mit...

Die Jungs hier sehen echt alle total zierlich aus, das ist schon nicht mehr schlank zu nennen, die sind wirklich spindeldürr. Klar, die wollen natürlich so leicht wie möglich sein, damit sie so schnell wie möglich werden in den niedrigen Gewichtsklassen. Trotzdem gab es sichtbare Unterschiede zwischen den Gewichtsklassen und während die Fliegengewichte noch irgendwie, ja, fast niedlich wirkten wie sie da aufeinander einschlugen und der generelle Eindruck war, dass die sich dabei nicht sonderlich wehtun, wurde die Sache deutlich ernster in den höheren Klassen. Einen, der wirklich böse erwischt worden ist, wäre beinahe auf ner Bahre rausgetragen worden... das hektische Abwinken des Betreuer-Teams als die Sanitäter kommen wollten hing wohl nicht nur damit zusammen, dass sie ihn auch so rausbekommen haben (wenn auch ziemlich wackelig auf den Beinen), sondern auch damit, dass es sich nicht so gut macht, wenn sie wen wegtragen müssen. Es gab einige KOs, und auch Nakagawa hat durch technischen KO gewonnen. In den meisten Fällen war es irgendwann ein guter Treffer, der die Sache beendet hat, auch wenn bis dahin der, der dann verloren hatte, eigentlich besser dastand. Es kann echt schnell gehen habe ich gelernt, und zu sehen, wie die Jungs sich bewegen, so leicht, so schnell, das war wirklich beeindruckend. Jetzt, wo ich selbst trainiere (wenn auch nur aus Fitness-Gründen), kann ich das ganz anders wertschätzen wenn ich es sehe...

Oben links, mit den blauen Handschuhen, das ist Nakagawa-san. Er hat konzentriert und taktisch sehr geschickt gekämpft. Kraft und Ausdauer haben gestimmt und er hat das Geschehen ungefährdet im Griff gehabt. Man sieht es auf den Bildern nicht so, aber für seine Gewichtsklasse ist er stark wie ein Ochse und aussergewöhnlich muskulös. 

Die grossen Handschuhe, die sich, wenn man sie in die Hand nimmt, so weich anfühlen, sind optisch eine grobe Verharmlosung dessen was passiert wenn man sich eine fängt. Das fühlt sich dann nicht mehr so Micky-Maus-mässig an wie es aussieht, das kann ich euch sagen!

So sehen Sieger aus! Nach einem sicher heimgebrachten TKO in der zweiten von vier Runden sind hier zu sehen (von links nach rechts) einer der Trainer aus dem Gym, ich, Nakagawa und rechts Yonekura-san, dem das Gym gehört. Schaut nochmal genau hin... Nakagawa ist so gross wie ich, aber ich bin vier Gewichtsklassen drüber! VIER! Und ich bin nichtmal besonders massig gebaut! Das ist echt krass, man vergleicht sich ja immer mit den Menschen, die einen umgeben, und kommt sich dann je nachdem extrem sportlich oder extrem übergewichtig vor... Egal, der Abend war Klasse, unser Mann hat tapfer gekämpft und eindeutig gewonnen (der zweite KO im zweiten Kampf seiner noch jungen Profikarriere) und ich war live dabei. Kanns was besseres geben!?