Montag, 12. März 2012

Neuigkeiten - Fukushima und die Strahlungslage

Hallo meine Lieben!

Ja, es ist extem still geworden um mich. Hier häuft sich alles auf die letzten drei Wochen, aber das war nicht anders zu erwarten.

So vieles ist noch zu tun, so vieles noch ein letztes Mal zu erleben, so viel, so viel... und dennoch, es bleibt das Gefühl: Ich bin hier noch nicht fertig, ich muss nochmal herkommen!

Aber darum geht es hier und heute nicht, es geht, natürlich, um Fukushima.

Die aktuelle Lage, ein Jahr danach


Knapp 20.000 Menschen sind im Erdbeben und dem folgenden Tsunami umgekommen. Mehr als 3000 davon werden heute noch als vermisst gemeldet, ich weiß selbst nicht, ob ich das als Optimismus oder Euphemismus betrachten soll...

In jedem Fall hat es hier beispiellose Freiwilligenkampagnen gegeben. Zu Hunderttausenden sind die Freiwilligen nach Tohoku geströmt, haben Dreck geschippt, Schutt sortiert, Fotos gerettet, Menschen die Haare geschnitten, Essen gebracht, und und und.

Die Menschen stehen zusammen, der Rückhalt ist enorm und die ehrliche Dankbarkeit für die erfahrene Hilfe in den Gesichtern der Menschen, die trotzdem alles verloren haben, lässt einen nicht kalt.

Immer noch sind über 300.000 Menschen evakuiert. Das ist halb Frankfurt. Knapp acht Prozent der nutzbaren Landfläche in Japan sind, auf lange Sicht, verloren. Die finanziellen Schäden lassen sich nicht seriös beziffern, vor allem, weil noch immer über 20 Millionen Tonnen Schutt beseitigt werden müssen... und danach die Infrastruktur noch nicht wieder aufgebaut ist.

Und die Strahlung?


Ja, die Strahlung...

Letzten Dienstag war ich auf einer Veranstaltung in der deutschen Botschaft, in der noch einmal Bilanz gezogen wurde.

Die Lebensmittel werden getestet, flächendeckend, aber natürlich in Stichproben. Es gab einen Fleischskandal, letztes Jahr im Juli. Da kam belastetes Fleisch in den Handel. Seitdem gab es keine weiteren Meldungen dieser Art.

Nein, das heißt nicht, dass es nicht doch passiert sein kann. Aber nicht einmal die kritischsten Organisationen stellen die offiziellen Messwerte an sich in Frage oder präsentieren andere Zahlen.

Die sonstige, externe Strahlung in der Luft in Tokio liegt, schon seit letztem Jahr, sogar niedriger als die natürliche durchschnittliche Strahlung in Deutschland. Die Luft ist also auch sauber, genauso wie das Wasser, das ebenfalls konsequent gemessen wird.

Die einzigen Lebensmittelproben, die teilweise belastet waren, waren Shiitake-Pilze, Fische und Meeresfrüchte, die am Meeresgrund leben (Scholle, Seeigel, Muscheln,...) und die Sachen esse ich sowieso nicht so gerne, also kein großer Verlust.

Wie gesagt: Selbst die Lebensmittel, bei denen einzelne Proben Belastungen aufgewiesen haben, waren nicht generell belastet.

Es ist also wirklich nicht so schlimm, wie man vielleicht denkt.

Jaja, das sagen sie alle...


Ja, tun sie auch. Und ja, ich kann mir vorstellen, dass euch das nur bedingt beruhigt.

Aber ich habe da eine Idee.

Es gibt die Möglichkeit, über einen Bodycounter die Strahlung zu messen, die aus dem Körper herausgeht und darauf basierend zu ermitteln, wieviel Strahlung man aufgenommen hat. Das ist die sogenannte "interne Exposition".

Diese Messung ist hoch zuverlässig, tut nicht weh und gibt einem einen schnellen Überblick darüber, ob man überhaupt und wenn ja wieviele radioaktive Isotope über die Nahrung, Atmung oder Getränke aufgenommen hat.

Es gibt in Deutschland verschiedene Institutionen, die das machen, und ich habe schon mit dem KIT Karlsruhe Kontakt aufgenommen, um mich da genauer zu informieren.

Es ist kein schönes Thema, aber seien wir mal ehrlich: Sollte ich jemals irgendeine Art Krebs bekommen, stünde immer die vermutlich unausgesprochene Frage mit im Raum, ob es wegen Fukushima war... und der eine oder die andere von euch würde entweder mir (stille) Vorwürfe machen, die Risiken unterschätzt zu haben, oder ein schlechtes Gewissen haben, weil man sich damals nicht energisch genug gegen meine Pläne ausgesprochen hat.

Diesen Druck möchte ich euch und auch mir nehmen, so gut ich es kann.

Samstag, 28. Januar 2012

Ise, Teil 5

Es ist noch nicht vorbei.

Die Besuche bisher waren ja der erste Tag, es wird ein bisschen langatmig, weil ich so viel noch erklären wollte. Keine Sorge, der zweite Tag wird ein kleinerer Textfriedhof und es kommen mehr Bilder!

Also, wir waren in einem Pilgerhotel untergebracht, dass vom Schrein-Amt unterhalten wird. Das Jinja-Honchô verwaltet die 80.000 Schreine und 20.000 PriesterInnen in ganz Japan, koordiniert die Verteilung der eingenommenen Spenden, Restaurationsarbeiten und so weiter. Shintô finanziert sich ausschließlich aus den Spenden, die sie sammeln, von Firmen, Individuen und so weiter. Außerdem spenden Sake-Brauereien zum Neujahr immer einige ihrer Fässer, die dann vom 31.12. nachts an geöffnet und an die Besucher des Schreins ausgeschenkt werden... natürlich gegen eine kleine Gebühr.

Tolles Zimmer! So einfach und doch
so angenehm.
Das Hotel war in jedem Fall ziemlich Klasse: Tatami-Räume, recht großzügig gestaltet. Das Bad im Hotel war ab fünf Uhr geöffnet, was ich auch weidlich ausgenutzt habe!
Am zweiten und letzten Tag bin ich also schon um fünf aufgestanden und direkt ins Bad gegangen. Ich wollte Wärme tanken für meinen Ausflug an den Schrein, mitten in der Nacht. Kann es was schöneres geben, als am frühen Morgen, in der kalten Dunkelheit einer Dezembernacht, zwischen Jahrhunderte alten Bäumen zu spazieren? Wohl kaum!

Entsprechend war auch nur wenig los, eigentlich war außer mir niemand dort. Der Kies, mit dem die Wege bestreut waren, knirschte so laut unter meinen Füßen, dass ich das Gefühl hatte, einen Heidenlärm zu verursachen. Aber ich war trotzdem nicht der einzige, der diese Idee hatte: Die Morgenbesuche am Schrein sind in Ise sehr beliebt und es gilt als besonder clever, sich gleich am frühen Morgen den Göttern vorzustellen. Dann sind die nämlich noch ausgeruht und voller Energie, die sie dann auch gerne weitergeben.

Noch vor der Sonne wach!
Der Weg war nicht weit, vielleicht eine Viertelstunde zu Fuß, und es war auch lange nicht so kalt wie in Deutschland. Ja, es war wirklich eine ganz besondere Atmosphäre. Hinter dem Torii führt eine Brücke über einen breiten Fluss, dort beginnt der heilige Bereich. Auf dem Vorplatz (rechtes Bild) stand ein Stativ, ganz für sich, während sich der Besitzer mit dem Wachmann in der kleinen Hütte rechts im Bild unterhielt. Wozu das wohl gut sein mochte...?


 Das neue Sternzeichen wirft seine Schatten voraus (2012 ist das Jahr des Drachen), die Sake-Lieferungen sind schon angekommen, und alles muss für den Besucheransturm am 31.12. hergerichtet werden, wenn sich innerhalb weniger Stunden Tausende Menschen aufmachen, um mitten in Dunkelheit und Kälte die ersten am Schrein zu sein.

Auch die Mönche sind Frühaufsteher!

Die ersten Lichter waren schon an, die Verkaufsstände für Glücksbringer und andere Artikel waren schon beinahe bereit für das Tagesgeschäft.
 Wie gesagt, die Finanzierung des Schreins läuft über diese Geschäfte, entsprechend muss natürlich auch sichergestellt sein, dass verkauft werden kann. Dazu kam, dass es kurz vor Neujahr war, da ist an den Schreinen immer Hochbetrieb. Ein wenig hat man es den Mönchen auch angemerkt, die huschten alle ziemlich geschäftig hin und her.

Der Sonnenaufgang kam, wie in diesen Breiten üblich, schneller als wir es gewohnt sind. Deshalb ist hier der Himmel schon so blau, allerdings war ich da schon auf dem Rückweg. Nicht einmal mein tolles Objektiv kam mit der Dunkelheit im Wald so wirklich klar.

Als ich auf dem Rückweg wieder über die Brücke ging, zurück in die Welt der Menschen, gewissermaßen, standen da, wo vorhin nur ein Stativ stand, auf einmal ein halbes Dutzend und eine Gruppe von Menschen in dicken Jacken, Handschuhen und Mützen stand lachend und scherzend daneben. Was ging hier eigentlich vor sich?

Ganz einfach: Wenn die Sonne aufgeht, scheint sie von hinten auf das Torii vor der Brücke! Das ist eines der beliebtesten Motive in der Gegend, und Amateur- wie Profifotografen stellen sich den Wecker, nur, um den perfekten Schuss von diese Moment machen zu können. Einer der Leute hatte sogar eine Mittelformatkamera aufgebaut... unglaublich, was manche Menschen auf sich nehmen.

Naja, die Gelegenheit kam günstig, ich war sowieso vor Ort, also nahm ich, mittlerweile mit ziemlich klammen Fingern, ebenso Aufstellung und wartete auf den Sonnenaufgan, den ersten Gruß, den Amaterasu selbst (die Sonnengöttin) der Welt an diesem Tag hier schenken würde. Und damit ihr auch was von der segensreichen Wirkung abbekommen möget, zum Abschluss meiner Ise-Serie, mein Lieblingsbild!