Freitag, 14. Februar 2014

Der zweite Tag

Guten Morgen ihr Lieben!

Über Nacht hat es zu schneien begonnen, wir erwarten bis zu zehn Zentimeter Neuschnee im Flachland, in den höheren Lagen bis zu 20 Zentimetern. Das ist für die Region recht viel, als ich das letzte Mal im Winter hier war, hatten wir drei Mal Schneefälle und das ist kaum einen halben Tag liegengeblieben. Dieses Mal ist es anders, es ist kälter. Mein treuer Heizlüfter hier ist eine Erfindung zum Niederknien und, dafür bin ich besonders dankbar, meine Bettwäsche ist warm und gemütlich. Es geht mir also gutund ich lebe mich langsam ein.Morgen, am Samstag, werde ich noch ein paar Dinge besorgen die mir noch fehlen und mich fertig einrichten. Mein Zimmer ist etwa zehn Quadratmeter gross und enthält einen Heizlüfter, ein Bett und einen kleinen Tisch, an dem ich gereade sitze und schreibe. Es ist sehr hübsch und entspricht meinen Erwartungen. Der Ausblick ist schön, wir wohnen im höchsten Gebäude im Block und ich kann das Sunshine Plaza in Ikebukuro sehen.

Ich teile mir die 75-m²-Wohnung mit drei anderen Personen. Y. ist aus Indonesien und arbeitet seit einigen Jahren in Japan. Die Wohnsituation in so einer Dauer-WG mit permanent wechselnden MitbewohnerInnen ist vielleicht etwas wie ein Taubenschlag, aber er meinte, so habe er jedenfalls einen Vertrag der ohne Mindestlaufzeiten und lange Kündigungsfrist auskommt. K. ist aus Australien und das erste Mal länger allein im Ausland. Sie hat mit Anfang 20, also gestern abend, hier das erste Mal im Leben Schnee gesehen (ha, jetzt hab ich auch mal so jemanden getroffen und höre nicht immer nur so Geschichten!). R. ist schräg. Sie ist die einzige Japanerin hier im Haus und redet anscheinend nicht gern. Ihren Namen habe ich von Y., mir hat sie sich nicht mit Namen vorgestellt, als ich mich ihr vorgestellt habe.

Heute war ich mit K. unterwegs, damit sie sich ein bisschen zurechtfinden lernt und als wir nachmittags nach Hause kamen war R. am Kochen. Sie hat sich sehr auf ihre Tätigkeiten konzentriert und auch nicht reagiert, als ich sie direkt angesprochen habe. Ok, dann lassen wir uns gegenseitig in Ruhe, aber das ist selbst für japanische Verhältnisse merkwürdig. K. ist sehr nett. Wie gesagt, das erste Mal allein unterwegs in der grossen, weiten Welt. Sie kam gestern abend um halb elf hier an und hat sich auf dem Weg hierher erst einmal tüchtig verlaufen. Ein Polizist aus dem Koban am Bahnhof zeigte ihr die Adresse dann. Bis dahin hatten allerdings der Schnee, die Müdigkeit und die kalte Dunkelheit sowie der Stress der Reise sie schon ziemlich weichgekocht. Heute morgen habe ich sie mir also geschnappt und wir sind erst einmal nach Ikebukuro gelaufen.

Jetzt hat sie winterfeste Stiefel, warme Thermo-Unterwäsche und kennt sich ein wenig in der näheren Umgebung aus und generell war sie schon viel entspannter. Damit es noch einen runden "Abschluss" gibt, waren wir noch zusammen am Meiji-Schrein am Yoyogi-Park. Wenn die Wettervorhersagen stimmen, wird es morgen regnen, und dann ist die ganze weisse Pracht eben auch schnell wieder verschwunden... also, dachte ich mir, schnell hin und Bilder machen! K. war total begeistert, allein dass sie ihren Atem als Wolke sehen konnte und überall der Schnee(matsch) so fremde Geräusche unter ihren Füssen gemacht hat hat sie total fasziniert. In der Gegend aus der sie kommt herrscht gerade ein brutaler Hitze-Sommer mit über 40 Grad Celsius, und dann sowas!

Zum Abschluss waren wir noch im Ippudo eine Ramen-Nudelsuppe essen, um die Kälte wieder aus den Knochen zu bekommen. Was soll ich sagen... obwohl sie sich selbst als "wählerische Esserin" bezeichnet hat und ihr die Bohnensprossen in der Suppe wohl nicht so geschmeckt haben, war das Verdikt eindeutig: "Der beste Ramen, den ich je gegessen habe!" Immerhin ist das ihr dritter Besuch hier, ein dreimonatiger Sprachlern-Aufenthalt... So ganz fremd war ihr das alles hier also nicht. Klar, es ist was anderes, wenn man auch sich allein gestellt ist... ging mir damals auch nicht anders und ich habe mich auch sehr gefreut, als ich im Kondô-Haus die anderen Deutschen getroffen hatte.

Tja, also hier läuft alles wie es soll, würde ich sagen. Bis auf zwei kleine, aber womöglich doch besorgniserregende Details: Mein Laptop, dem ich hier noch volles Vertrauen entgegebrachte als ich abflog, zeigt Ermüdungserscheinungen. Der Akku hat aufgegeben und die Maschine funktioniert nur noch mit dem Kabel eingesteckt. Ausserdem bleibt er manchmal hängen, schon zweimal seit letztem Montag, und muss aus- und wieder angeschaltet werden. Wenn mir die Maschine durchbrennt bevor die drei Monate herum sind, werde ich mir ziemlich dämlich vorkommen, weil ich ja noch in Erwägung gezogen hatte, einen neuen zu kaufen vor der Abreise.

Drückt mir die Daumen...


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